STUDIO GDS PRÄSENTIERT DAVE ELEANOR - MONOLOGUES

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Aargauer leben in einer verkehrten Welt. Zumindest ziemlich viele derjenigen, die ich kenne. Diese machen stets ihre Herkunft schlecht, um dann doch zu betonen, stolz Aargauer oder Aargauerin zu sein. Aufgesetzter Kantönligeist oder so ähnlich. Immer irgendwie zwischen verschiedenen Welten, zu niemandem so richtig zugehörig, weder zum entschleunigten Bundesbern, noch zum phantasievollen Postkartenluzern und erst recht nicht zum hipsterverseuchten Grossstadtzürich. Aber gerade eben hier lebt Dave Jegerlehner, ein waschechter Aargauer wenn man so will. Vereint er einerseits doch alle Attribute, die auf Aargauer angeblich eben gerade nicht zutreffen, andererseits betont er immer wieder wo seine Wurzeln liegen. Dave ist erfinderisch schräg, Dave ist zurückgelehnt entspannt und sicherlich so hip wie der hippste Zürichaussersihler es jemals sein wird. Ein grosses Paradoxon also.

Diesbezüglich hat Jegerlehner das halbjährige Stipendium in Berlin anfangs dieses Jahres extrem gut getan. Zurück in der  Limmatstadt hat er nun endlich seinen eigenen persönlichen Sound gefunden und wird mit seinem Debutalbum nun doch tatsächlich allen Erwartungen gerecht. Diese wurden nämlich in den letzten Jahren durch verschiedene EPs, Live-Autritte und DJ-Sets stetig geschürt. Aber man merkte auch, dass der junge Musiker etwas damit hadert seine eigene Handschrift zu finden. Erst in Berlin hat er nun scheinbar all seine verschiedenen Vorlieben, Geschmäcker und Neigungen bündeln oder aussortieren können. Techno im weitesten Sinne gehört ab sofort nicht mehr zu Dave Eleanors Welt (dazu hat er ein Sideproject namens LNR gegründet), Trap-Experimente finden sich nicht mehr in seinem Repertoire, dafür umso mehr richtige Popsongs, die aber immer sehr schräg am Mainstream vorbei schrammen. Wer hätte das gedacht? Ein Berlinaufenthalt, der für einmal richtig produktiv war.

„Monologues“ ist aber viel mehr als Jegerlehners oder besser gesagt seiner Kunstfigur Dave Eleanors Berliner Tagebuch. Die dort entstandenen Songs wurden erst zurück in Zürich fertig geschliffen und viele davon mutierten erst hier zu Kollaborationen mit befreundeten Musikern. Allesamt sehr persönliche Lieder, die diese Bezeichnung verdienen, denn „Tracks“ sind es nun wirklich nicht mehr, die hier im ganzen Dutzend versammelt sind. 

Für mich ist „Dancing With Strangers“ irgendwie das Herzstück des Albums. Obwohl darauf weder die Stimme von Dave Eleanor selbst, noch die eines Gastes zu hören ist, sondern nur ein eigentümlicher Motivationsspeech („when it's over you realize you could have been falling so easily“). Dieser passt aber derart treffend auf Jegerlehner selbst zu, dass man nicht drum herum kommt autobiographische Parallelen zu suchen. Und diese findet man beinahe überall. Natürlich immer dann, wenn er selbst singt, wie beispielsweise auf „Heading Back West“, wo wir bereits schon wieder diese Autosuggestionsstimme hören („you better watch out, nobody cares when you go crazy“), die Mut geben soll doch alle Hemmungen über Bord zu werfen. Und mit seinem eindringlich einlullenden Gesang gibt Dave tatsächlich ziemlich unverschämt seinen Kompositionen einzigartigen Charakter. Diesen hat er wenig überraschend auch bei der Auswahl seiner Kollaborateure für „Monologues“ ganz gezielt gesucht und gefunden. Mit Blanka von Len Sander gelingt eine in jeder Hinsicht hypnotisierend magische Hymne auf den Break-up („I Say Goodbye“). Gemeinsam mit dem Virus Bounce-Host Pablo Vögtli aka Raspie wird ein düsterer, bis zur Absurdität testosterontriefender, überdrehter Grime-Track gebastelt und in Zusammenarbeit mit Frank Powers zaubert man eine melancholische Ballade für Monate wie den November hin. Ob nun Dave Eleanor seine eigene Stimme gefunden hat (am eindrücklichsten auf „Just A Word“) oder diejenigen der Gäste, die Suche danach scheint so was wie seine aktuelle künstlerische Lebensaufgabe zu sein. Das kann man zum Beispiel in diesem höchstempfehlenswerten Artikel nachlesen, den er kürzlich für Noisey verfasst hat, aber selbstverständlich auch nachhören, auf diesem Album namens „Monologues“. Was dieses Album nun mit dem Aargau zu tun hat, hab ich inzwischen vollständig vergessen. So unwichtig ist es mir halt woher jemand kommt. Viel mehr interessiert mich wo jemand gerade ist. Und Dave Eleanor ist mit „Monologues“ Zuhause angekommen.

Das Album erscheint übrigens übermorgen (3. November) und die Plattentaufe gibts am 11. November im Stall 6 (mit Überraschungsgästen). 

GDS.FM präsentiert täglich online und an LIVE-Shows in Zürich, was die lokale Musik- und Kulturlandschaft bewegt und in Zukunft noch bewegen wird. Mit abwechslungsreichen Playlists, Gästen, DJ-Sets und Konzerten. 24 Stunden am Tag. play.gds.fm

Von Honey-K.

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DAVE ELEANOR - MONOLOGUES
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