Immer wenn ich mich mit Maurice (dem Booker vom Stall 6 und die Hälfte von Dust Surfers) treffe, empfiehlt er mir neue Musik. So auch letzte Woche, als es darum ging, passende Acts für das GDS-Jubiläum vom 24. April zu finden. (Cosmo Sheldrake ist bereits gebucht, weitere Highlights folgen.) Dabei spielt er mir oft Musik vor, die ich noch nie gehört habe und gut in unser Radioprogramm passen könnte. Dieses Mal fiel der Name „Romare“. Nach kurzem Reinhören, bestellte ich die Scheibe umgehend.
Romare ist ein Londoner Producer, inspiriert von Romare Bearden, dem berühmten Karikaturisten und Maler. Vom musikalischen Stil über das Cover Artwork bis zur eigenen Namensgebung beeinflussen Beardens Collagen den heutigen Romare. Statt wie Bearden Bildfetzten zu einem Gesamtkunstwerk zu vereinen, sampelt er die Sounds aus Secondhandplatten, Dokumentationen, Spielfilmen und eigenen Aufnahmen und kreiert damit wundervolle EPs und nun zum ersten Mal ein gesamtes Album mit dem Titel „Projections“.
Mit Sampling Geschichten zu erzählen ist für mich eine grosse Kunst, genauso wie solche durch Collagen zu visualisieren. Um ein Paradebeispiel aus diesem „Genre“ zu nennen: The Avalanches‘ „Since I Left You“ erzählt während 60 Minuten mit ca. 3‘500 Vinylsamples eine musikalische Geschichte, die immer wieder neu interpretiert werden kann.
Dass Romare mit der Erfolgsgeschichte der Australischen Avalanches mithalten kann, ist gut vorstellbar. Prominenten Support hat er bereits von allen Seiten. Bevor „Projections“ auf dem renommierten Label „Ninja Tune“ erschien, wurden seine ersten EPs bereits von Grössen wie Gilles Peterson in der „Brownswood Bubblers Compilation“ oder in Bonobos „Late Night Tales Mix“ gefeatured.
Es empfiehlt sich, das neue Album in voller Länge anzuhören. Die Stücke sind Hommagen an die Amerikanische / Afrikanische Kulturgeschichte in den USA, was Romare übrigens auch studiert hat. So soll „Rainbow“ zum Beispiel die Geschichte der wachsenden Schwulenszene während der Disco-Ära beschreiben und „Work Song“ erinnert an die Arbeitergesänge der New Yorker Hafenarbeiter. Im Eröffnungstrack „Nina‘s Charm“ trifft zudem ein kurzes Nina Simone Sample auf verschobene Gospelgesänge und hypnotische Synthieriffs.
Momentan ist die begehrte Scheibe auf „Ninja Tune“ bereits ausverkauft. Nachschub wird aber folgen und sonst gibt’s das Album auch digital. Holt sie euch, lasst eurer Fantasie freien Lauf und schaut euch beim Durchhören am besten die Bilder von Romare Bearden an.
GDS.FM präsentiert jeden Donnerstag ab 21.00 live im Kauz in Zürich, was die lokale Musik- und Kulturlandschaft bewegt und in Zukunft noch bewegen wird. Bei abwechslungsreichen Gästen, DJ-Sets und Konzerten, dreht sich bestimmt nicht nur des Kauzes Kopf um 270°.
Von Chrigi G. us Z.
