STUDIO GDS PRÄSENTIERT ZAYK - S/T

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Lead

Es ist Herbst. Herrjeh, fast schon Winter. Chrissybaby, man crush, wir hatten einen tollen Sommer, wirklich. Laying in the park until the sun comes up, a cool guitar and a bag of marijuana, man! Aber naja, du verstehst, deine sonnengetränkten San Francisco Jams sind nicht gerade der perfekte Soundtrack um sich auf dem Nachhauseweg vom Kauz den Hintern abzufrieren…

Gut wurden uns diese Tage tolle Platten zur Überbrückung der düsteren Jahreszeit geschenkt: Protomartyr aus Detroit lassen auf The Agent Intellect alle tausend jaulenden Höllenhunde von der Leine und veröffentlichen einen pechschwarzen Post-Punk Vorschlaghammer, der das Kritikerrudel in einen Kanon kollektiven Jaulens einstimmen lässt. Ein Brett, das hinsichtlich Intensität und Durchschlagskraft seinesgleichen sucht und zweifelsohne die notwendigen Qualitäten mitbringt um den Favoriten, Carrie & Lowell und In Colours, möglicherweise sogar den Album-des-Jahres-Titel abzujagen. Dan Bejar erreicht zwar nicht ganz die Brillanz von Kaputt, lädt mit Posion Season aber trotzdem freundlich dazu ein, bei Tee und Kuchen in der warmen Stube über Vergänglichkeit und Religion zu sinnieren. Und dann gibt es Zayk.

Zay-was? Zayk! Ein fünfköpfiges Kollektiv aus Tsüri, das ganz offensichtlich auch im Sommer den finsteren Keller der tätowierten Fleischschau am Letten vorzieht. Nur so nämlich lässt sich der psychedelisch düstere Klang ihres frisch in der Zitrone getauften Debutalbums erklären. Fünf Tracks, 43 Minuten. Eine knappe Dreiviertelstunde schweben in Loops und Wolken von Reverb. Dröhnen, Rauschen, Knattern, eingängige Licks und verträumte Soli, wummernde Synthie-Kissen, dass es eine Freude ist. Anders als die erwähnten Kollegen aus Michigan, die mit einem gepflegten in-die-Fresse-Ansatz Düsterheit aus den Lautsprechern spucken, wird hier mit unaufdringlicher Simplizität und hypnotisierender Repetition das Dunkle heraufbeschwört. Intellektuelles Geplänkel gibt’s nicht, auf effektiven Gesang und Texte wird verzichtet.

Eröffnet wird der Reigen mit Glimmer. Allerdings eine unglückliche Wahl für den Auftakt leider, handelt es sich hierbei doch um das einzige eher schwache Stück auf der LP. Ein träges Schlagzeug trifft auf eine relativ uninspirierte Gitarre. Gemeinsam schlendern sie knappe acht Minuten so daher und wissen nicht recht, was sie einander sagen sollen. Zum Glück dröhnt immerhin die Baustelle im Hintergrund, so dass die awkward silence dieses etwas missglückten Blind Dates ein bisschen entschärft wird. Darum schnell weiter zu Trance, ab jetzt wird’s nämlich richtig gut. Die hier präsentierte Klanglandschaft, hauptsächlich getragen von wunderbar entwaffnenden, effektgeladenen Gitarren-Leads zerzausen einem mächtig das Haar, während der dröhnende Bass angenehmst auf die Bauchgegend drückt. Pupillen werden zu Spiralen, alles dreht sich, Schwerelosigkeit setzt ein. ...und plötzlich ist High Noon. Ein Strohballen rollt vorbei. Ich fixiere Winnie “The Weasel” Winchester mir gut zwanzig Meter gegenüber. Das Silber meines Colts reflektiert in der Sonne. Beide ziehen. Einer fällt. Im Hintergrund läuft Blue Door. Zayk vereinen hier auf geschickte Weise Morricone-Flair und Classic Rock Elemente ohne dabei ihre Liebe zur verschrobenen Psychedelik zu verstecken. Treffer. Dann etwas flotter auf 1.9 Bar: Die Drums galoppieren, es quietscht und knarzt, die Spirale dreht sich weiter! Tolle Gitarren-Overdubs mit leichtem Ethno-Hauch tauchen in einem warmen Synthesizer-Strom, begleitet von einem Schlagzeug das nun die anfängliche Schüchternheit abgelegt hat. So muss organisierte Monotonie klingen: Fesselnd und rücksichtslos treibend. Das abschliessende Banana City vereint dann alle bisher gehörten Qualitäten. Minutenlang baut sich eine Geräuschwelle auf, bis sie eine bedrohliche Höhe erreicht und dann über dem Kopf des Hörers zusammenbricht. Mit leisem Plätschern klingt das Album aus.

Kälte hin oder her, der Winter kann kommen. Wenn mich Zayk nach dem Kauz nach Hause begleiten, mindestens in den Ohren, dann akzeptiere ich gerne ein etwas gefrorenes Füdli!

P.S. Nina, du hast noch immer mein MXR Carbon Copy Analog Delay Pedal, das du vor zwei Jahren “zum Testen” von mir ausgeliehen hast. Du darfst es aber behalten, wenn eure nächste LP mindestens gleich toll wie diese hier wird. 

STUDIO GDS - Die einzigartige Zürcher Radiosendungs- und Partyreihe geht in die zweite Runde. Jeden Donnerstag wird wieder zu fein selektierten Konzerten und DJ-Sets in den Freitag hineingetanzt und cocktailschlürfend Neues entdeckt. Auf der Tanzfläche im Kauz und on air auf GDS.FM.

Von MJ, Paris.

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